21
Mai
2005

And I want to travel lightly

Es kommt immer im Frühling, dieses Gefühl. Seit zehn, 20, 25 Jahren. (Nein, werte Damen, nicht dieses.) Das Gefühl, an dem ganzen Krempel zu ersticken, den man immer mehr um sich herum aufbaut. Dinge anzuhäufen, die ich aller menschlichen Voraussicht nach in meinem Leben kaum noch brauchen werde. Und wenn, sind sie veraltet.

"Die vielen Dinge machen arm", auch so ein angeblicher Indianerspruch und der zweitmeist zitierte nach dem "...dass man Tankstellen nicht essen kann". Dieser stimmt aber. Jeder Umzug ist der schlagende Beweis – für den ersten vor 27 Jahren reichte mein kleiner R4, der nächste war schon nur noch mit VW-Bus zu bewältigen, der vorerst letzte kostete eine fünfstellige Summe.

Ich habe einfach zu viel Zeug. Nichts Wertvolles, oh nein, selbst mein alter Kleinwagen brächte bei einem Verkauf keinen vierstelligen Betrag. Die Menge macht’s, und sie macht mich fertig.

Es gibt Gegenstände, von denen habe ich gerne viel. Was für Frauen Schuhe sind, sind für mich Taschen – davon kann ich, finde ich, nie genug haben, sie dürfen nicht zu groß sein und nicht zu klein, nicht zu elegant und nicht zu leger, ins Büro brauche ich eine andere als am Wochenende, zum Fahrradfahren eine andere als im Kanu, zum blauen Anzug eine andere als zur Khakihose. Daran ersticke ich gerne, kein Problem.

Der Ärger sind die Dinge, die irgendwie in mein Leben kamen und nicht daran denken, zu verschwinden. Ein Radio in jedem Zimmer, in Ordnung. Aber dieses häßliche, schräpige Plastikding, auf dem man die Sender nicht einstellen, nur scannen kann? Software für längst verstorbene Computer, Objektive für lange dahin geschiedene Kameras?

Oder Bücher. Bücher wegwerfen, dachte ich lange, ist wie Bücher verbrennen und eines zivilisierten Menschen undwürdig. Beim letzten Umzug habe ich sie kofferraumweise zum Altpapiercontainer gebracht. Nun gut, bei Literaturperlen wie "Einführung in MS-DOS 2.2" fällt das leicht (MS-DOS, liebe Kinder, war ein Computer-Betriebssystem lange bevor es W*indows gab. Aber es gehörte auch schon B*ll G*ates). Aber die Angela-Merkel-Biographie? Vielleicht wird sie noch was?

Wenn die Dame was wird, ist auch dieses Buch veraltet. So etwas wird man ja nie los. Nein, zu ibai mag ich nicht gehen, zum einen bin ich für diese Anbieterei und anschließende Verschickung zu faul, und ich will ja nicht unbedingt Geld damit verdien. Bei manchem Zeug will ich einfach nur, dass es in liebevolle Hände kommt. Schließlich habe ich mal in diese Dinge investiert – entweder einiges an Geld oder an Gefühl.

Aber es scheint ja keiner was geschenkt zu wollen. Was habe ich gejubelt, als vor ein paar Monaten diese Verschenk-Mailing-Listen von free*cycle auftauchten. Weg mit allem, nur weg. Meinen CD-W*alkman, uralt aber funktionsfähig, habe ich über Wochen wie Sauerbier angeboten. Drei Objektive für eine Pentax-Spiegelreflex stehen immer noch hier. Wollte keiner abholen, höchtens irgendwo ins Rheinland geschickt haben. Nee. Ich will’s loswerden, also soll ein braver Neubenutzer sich das auch abholen.

Und so werde ich ersaufen. Vor dem nächsten Umzug brauche ich so was wie die Prüfungskommission, vor der ich damals meine Kriegsdienstverweigerung begründen musste. Und dann begründen müsste, warum etwas mit darf in die neue Wohnung. Stellen Sie sich vor, Sie gehen mit Ihrer Freundin durch den Stadtpark, und plötzlich kommen fünf bewaffnete Russen aus dem Gebüsch. Und Sie haben nur dieses häßliche Batterieradio dabei. Was tun Sie?

Nun gut, ich werfe es in den Müll.

Genau genommen brauche ich diese Kommission sofort.

Die deutsche Gesellschaft, schrieb die von mir sehr geschätzte F*AZ, ausgerechnet in einem Reisebericht über Hyderabad, steht unter Erhaltungsstress, sie versteht nicht mehr zu genießen, was sie hat, weil das Haben kein Genuss mehr ist und das Geniesen mit dem Haben nichts zu tun hat.

Sehr schön. Ich will genießen, bitte. Nicht haben.

Vor Jahren, bei einer Australienreise, spielte irgendwo in einem Roadhouse im Outback eine dieser Aussie-Country-CD’s, "Rain on the Rock", keine Ahnung von wem. Der Refrain ist mir im Ohr geblieben:

And I want to travel lightly, like an Aboriginee.
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