3
Okt
2005

Wagnis

Ich mache mich jetzt daran, ein neues Betriebssystem zu installieren. Drückt mir die Daumen...

Heiss und Kalt.

Eine knappe Stunde außerhalb der Hauptstadt jenes Landes, in einer Region, die das Mediokre schon zum Namensbestandteil erhoben hat, liegt eine der Stellen, an denen sich die Frauen und Männer der umliegenden Ortschaften, aber auch die Bewohner der Hauptstadt zu Wasser-, Dampf- und Hitzeritualen zu treffen pflegen. Bar jeglicher Kleidung geben sich Junge wie Alte den Prozeduren hin, die ihnen den Aufenthalt in Räumen abverlangen, in denen die Temperatur nur geringfügig unter jener liegt, die zum Sieden von Wasser erforderlich ist, was schreckliche Folgen hätte, wenn diese Räume nicht überaus trocken wären. Andere Räume wiederum warten mit eisigem Wasser, welche sich die Kenner dieser Rituale, gerade erst den heissen Kammern entronnen, zur plötzlichen Abkühlung über den erhitzten Leib zu schütten trauen, auf.

Gastfreundlich, wie die Einwohner jener Region sind, öffnen sie gegen die Entrichtung eines nicht allzu geringen Obulus gerne die Pforten zu den Kammern der Rituale auch für den Fremden. Denn der Hitze wie dem eisigen Wasser und insbesondere dem Wechsel vom einen zum anderen werden heilsame Kräfte nachgesagt. Ja, weit mehr, Wohlbefinden wird dem versprochen, der nur oft genug die Prozeduren über sich ergehen lässt und dazwischen möglichst die dargebotenen Speisen und Getränke zu sich nimmt, deren Genuss natürlich mit erneuter, wenn auch geringerer, Zahlung verbunden ist.

So erhält der Fremde, der Einlass findet, eine geheimnisvolle Münze, die er bei sich zu tragen verpflichtet ist. Damit findet er Zugang zu den Kammern und Grotten, nachdem er seine Kleidung weitgehend, wie es Sitte dort ist, von sich geworfen hat und so im Kreise der Frauen und Männer aus der Region nicht weiter auffällt.

Das interessierte Auge des Betrachters stellt gleichwohl recht bald fest, dass unter den Menschen jener Region wie derjenigen aus der nicht allzu fernen Hauptstadt unabhängig von ihrem jeweiligen Alter bestimmte Regeln für die Bildung der Pärchen zu gelten scheinen, die sich zum gemeinsamen Besuch der Wasserrituale entschlossen haben. So stehen die Frauen oft ihren Männern, die einen prächtigen, mit regionalen Leckereien wie dem Genuss eines vergorenen Getränks liebevoll gepflegten Leibesumfang stolz vor sich hertragen, nur wenig nach, offensichtlich aufgrund des Genusses der gleichen Leckereien wie Getränke. Der Besucher, der zu Beginn noch befürchtet hatte, den im fünften Lebensjahrzehnt fast unvermeidlichen kleinen Bauch zumindest zeitweise bewusst einziehen zu müssen, um unter den Leibern nicht aufzufallen, sah zu seiner Erleichterung diese Befürchtung rückstandsfrei in der Hitze der Kammern verdampfen. Hingegen scheint der sportlich schlanke Umfang einer Frau in jüngeren Jahren auch die Auswahl des Gefährten zu beeinflussen, mit dem sie die Ritualstätte besucht.

Allerdings, und das kann der Betrachter nur mit einer gewissen Betrübnis zur Kenntnis nehmen, neigen gerade die dem Auge wohlgefälligen Formen jüngerer Weiblichkeit dazu, ebendiese Formen beim Übergang von einer Kammer zur anderen, sei es beim Wechsel von großer Hitze zu eisiger Kälte oder beim Huschen von kräutergeschwängertem Dampf in die Räume der Ruhe, mit großen Tüchern zu verhüllen, welche sie über Busen und Scham zu verknoten pflegen. Die von Speisen und einem Getränk aus Hopfen gebrauten wohl genährten Körper hingegen werden von ihren Besitzern dagegen gerne zur Schau gestellt und auch dann nicht mit Tüchern verhüllt, wenn die Temperaturen auf dem Weg von einer Kammer außerhalb des Hauptgebäudes danach verlangen würden, offensichtlich in dem Wissen, dass Wohlgenährtsein ein Ausweis des Wohlergehens sein müsse.

Unvermeidlich sind gerade an den Ruhe- und Festtagen, mit denen diese Region nicht überreichlich gesegnet ist, Meinungsverschiedenheiten zwischen den regelmäßigen Besuchern der Ritualstätte und jenen, die ihre spärliche Freizeit nutzen, sich Hitze und Wasser hinzugeben. So neigen gerade die Unerfahrenen dazu, am Eingang zu den heißen oder Dampf geschwängerten Räumen zu zaudern, ob sie diese nun wirklich betreten sollen, da ihnen Temperatur oder die Feuchte zunächst nicht anheimelnd erscheinen mögen. Dieses Nachsinnen, dem sie gerne bei geöffneter Tür jener Räume nachgehen, führt zu empörten Unmutsäußerungen derjenigen, die sich bereits in diesen Kammern aufhalten, da durch den Eingang gerade die Hitze oder der Dampf entweichen, der zum Aufenthalt bewegt. Oftmals ist dieses Zaudern nicht der Furcht vor der Hitze geschuldet, sondern der Unschlüssigkeit, ob die Fußbekleidung, mit der die Wege zwischen den Kammern zurückgelegt werden, vor Betreten abzulegen sei oder nicht oder ob die Tücher, mit denen die feuchte Haut nach ausgiebiger Bewässerung, die Teil des Rituals ist, innerhalb oder außerhalb der Kammer abzulegen sind. Diese Unerfahrenheit legt sich in der Regel rasch, allerdings reicht der ständige Zustrom anderer Unerfahrener aus, gerade an den Tagen, an denen die Zahl der Besucher so groß ist, dass die außerhalb der Gebäude bereitgestellten Plätze für das Abstellen der Gefährte kaum ausreichen, die doch gerade so erwünschte Hitze auf ein lauwarmes Lüftchen sinken zu lassen, was wiederum für alle den Sinn des Besuchs in Frage stellt.

Der Zustand des Unbekleidetseins, in dem Frauen wie Männer einen Großteil ihrer Zeit in den Kammern verbringen, erlaubt Aufschluss über die sonst nicht sichtbare Art und Weise, in der die Bewohner dieser Region ihren Körper zu schmücken pflegen. So scheint es schon längst nicht mehr ungehörig auch für Frauen jenseits der 40, ihren Bauchnabel mit einem kleinen Stäbchen aus Metall zu verzieren. Hingegen scheint der in der Hauptstadt übliche Brauch, die Behaarung auch intimer Körperteile durch Schaben zu verringern, die Regionen außerhalb der Metropole noch kaum erreicht zu haben. Wo dieser Brauch gepflegt wird, scheint er jedoch vom Alter unabhängig.

Zur Ergötzung wie zur Kräftigung werden in unmittelbarer Nähe der Kammern Speisen und Getränke feilgeboten. Dabei scheint jenes aus Hopfen gebraute Getränk, das in hohen durchscheinenden Gläsern serviert wird, das Beliebteste zu sein und denjenigen, die gerade das Ritual der Hitze hinter sich gebracht haben, am besten zu munden. Zur Aufnahme der Speisen und Getränke hüllen sich Männer wie Frauen in Gewänder, die offensichtlich eigens für den Besuch solcher Örtlichkeiten geschneidert zu sein scheinen, etwa knielang, auf den Leibesumfang ausgelegt und mit einem Gürtel um die Leibesmitte geschlossen. Dabei erfreuen sich die Träger gerne an Farben und Mustern, die sie in ihrer Alltagskleidung als wenig passend ansehen würden. Herausragend stach im wahrsten Sinne des Wortes dem Betrachter ein solches Gewand in einem Gelb ins Auge, welches dem Arbeitsgewand derjenigen nachempfunden war, die auf den Wegen, die aus der Hauptstadt herausführen, regelmäßig dafür Sorge tragen, dass niemand durch ein Versagen seines Gefährts auf den üblicherweise gut gepflegten Straßen länger als unbedingt nötig aufgehalten würde.

Zur Zeit des Nachtmahls, einem fast geheiligten Brauch, leeren sich die Kammern schlagartig, Männer wie Frauen eilen in ihr gemütliches Heim, um der durch die Rituale von Hitze und Wasser erworbenen Leichtigkeit die Fülle von Speisen, Getränken sowie das Betrachten so genannter Kriminalfilme nach der Zusammenstellung der an diesem Tag statt gefunden habenden Katastrophen folgen zu lassen. Auch der Betrachter geht, nicht ohne den Vorsatz gefasst zu haben, erneute Besuche an diesem Ort auf Tage zu legen, an denen die fleissige Bevölkerung ihrer Tätigkeit nachgeht.
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