I got carded
„Lemme see your driving licence“, sagte der schlaksige junge Mann im Liquor store irgendwo zwischen Albuquerque, Gallup und Santa Fé, als ich mit zwei Sixpacks Bud Lite und einer Flasche Gin zur Kasse kam. Mit breitem Grinsen holte der 30something, der ich damals noch war, einen zerfledderten grauen Lappen aus der Brieftasche. Nahezu verzweifelt drehte der Verkäufer das Ding in seinen Händen, studierte das Foto eines 16-jährigen mit damals modischer Kassenbrille und deutlich längeren Haaren, schaute vorne auf das Papier, suchte hinten, nur um dann verzweifelt zu fragen, was das denn bitte schön sei. „Driving licence“, versetzte ich. „Valid for life.“
Schon ein Hochgefühl. Nicht nur, weil sich der arme Schnapsverkäufer vergewissern wollte, dass ich keine 19 mehr war, das legale Alter für den Alkoholverkauf in New Mexico. Sondern vor allem, weil ich mit dem alten grauen BRD-Führerschein schon ziemlich weit um die Welt gekommen bin. Da machte es noch mal so viel Spaß, richtig illegal durch den Westen zu fahren. Weil im Tony-Hillerman-Land – kennt jemand Window Rock? Ein ziemlich trübes Nest und längst nicht so spannend, wie die Reservation-Romane es schildern – schon das Mitführen alkoholischer Getränke im Kofferraum bei der Fahrt quer durchs Indianerreservat ein Vergehen ist.
Um so schlimmer, dass mir alle zunehmend meinen bald drei Jahrzehnte alten Lappen vermiesen wollen. So praktisch sei doch der neue, scheckkartengroße EU-Führerschein, so übersichtlich, und vor allem: in allen EU-Ländern anerkannt. Ja und? Ist mein graues Papier auch. Und es hängen so viele Erinnerungen dran – das Klasse-Fünf-Moped, auf dem ich mit meiner damaligen Freundin bei Regen auf einer Fahrbahnmarkierung wegrutschte und nur mit viel Glück ohne jegliche Prellung blieb (die Freundin auch). Der alte VW-Bus mit 6-Volt-Lichtanlage. (Eine Freude bei jeder Polizeikontrolle: Machen Sie mal das Abblendlicht an, wenn Sie fahren! Das ist das Abblendlicht, Moment, ich schalte mal das Standlicht ein.) Außerdem: Ich weiss noch, was Klasse Drei, Vier, Fünf, Zwei, Eins bedeutet und welche Gefährte ich bewegen darf. Heute heisst das irgendwie BC oder A oder was auch immer, ich darf keine drei Achsen mehr haben oder nur wenn das Gesamtgewicht minus Geburtsdatum die EU-Norm einhält oder was auch immer. Dabei hat die ganze Führerschein-Umstellerei ja nur einen Grund: die neuen Scheckkarten sind alle zentral in Flensburg gespeichert. Sollen die Damen und Herren doch herausfinden, welches Straßenverkehrsamt in welchem abgelegenen Landkreis mir damals diese Fahrerlaubnis ausgestellt hat!
Den Vogel schiesst allerdings Ost-Manni ab. Der Mann für Verkehr und Bau ist ja ein ganz Väterlicher. Und versicherte als solcher, keiner werde gezwungen, seinen alten Führerschein, und sei das Foto auch noch so überholt, gegen einen neuen einzutauschen. So ein Blödsinn, wie jeder spätestens dann feststellt, wenn er irgendwo in Asien oder in Australien ein Auto mieten will. Denn für den internationalen Führerschein, den der A*vis-Mann in Darwin oder Georgetown, Penang, sehen will, möchte der deutsche Beamte vorher die EU-Scheckkarte haben: Ohne vorherige Beantragung des EU-Führerscheins gibt es kein internationales Papier. Von Zwangsumtausch verstehen manche Leute noch immer was.
So denke ich bislang. Bis ich vor ein paar Tagen mit Freunden in einer Kneipe saß, alle so 40something oder 50something, und wir uns mal wieder einen Spaß daraus machten, die Jugendfotos in unseren grauen Lappen zu vergleichen. So hast Du damals ausgesehen? Wahnsinn, die Brille. Und was man sonst so sagt.
Dann kam die Bedienung. Irgendwo in den 20ern. Ach, sagte die junge Frau interessiert. Was sind das eigentlich für Papiere, die Sie da rumzeigen?
Schon ein Hochgefühl. Nicht nur, weil sich der arme Schnapsverkäufer vergewissern wollte, dass ich keine 19 mehr war, das legale Alter für den Alkoholverkauf in New Mexico. Sondern vor allem, weil ich mit dem alten grauen BRD-Führerschein schon ziemlich weit um die Welt gekommen bin. Da machte es noch mal so viel Spaß, richtig illegal durch den Westen zu fahren. Weil im Tony-Hillerman-Land – kennt jemand Window Rock? Ein ziemlich trübes Nest und längst nicht so spannend, wie die Reservation-Romane es schildern – schon das Mitführen alkoholischer Getränke im Kofferraum bei der Fahrt quer durchs Indianerreservat ein Vergehen ist.
Um so schlimmer, dass mir alle zunehmend meinen bald drei Jahrzehnte alten Lappen vermiesen wollen. So praktisch sei doch der neue, scheckkartengroße EU-Führerschein, so übersichtlich, und vor allem: in allen EU-Ländern anerkannt. Ja und? Ist mein graues Papier auch. Und es hängen so viele Erinnerungen dran – das Klasse-Fünf-Moped, auf dem ich mit meiner damaligen Freundin bei Regen auf einer Fahrbahnmarkierung wegrutschte und nur mit viel Glück ohne jegliche Prellung blieb (die Freundin auch). Der alte VW-Bus mit 6-Volt-Lichtanlage. (Eine Freude bei jeder Polizeikontrolle: Machen Sie mal das Abblendlicht an, wenn Sie fahren! Das ist das Abblendlicht, Moment, ich schalte mal das Standlicht ein.) Außerdem: Ich weiss noch, was Klasse Drei, Vier, Fünf, Zwei, Eins bedeutet und welche Gefährte ich bewegen darf. Heute heisst das irgendwie BC oder A oder was auch immer, ich darf keine drei Achsen mehr haben oder nur wenn das Gesamtgewicht minus Geburtsdatum die EU-Norm einhält oder was auch immer. Dabei hat die ganze Führerschein-Umstellerei ja nur einen Grund: die neuen Scheckkarten sind alle zentral in Flensburg gespeichert. Sollen die Damen und Herren doch herausfinden, welches Straßenverkehrsamt in welchem abgelegenen Landkreis mir damals diese Fahrerlaubnis ausgestellt hat!
Den Vogel schiesst allerdings Ost-Manni ab. Der Mann für Verkehr und Bau ist ja ein ganz Väterlicher. Und versicherte als solcher, keiner werde gezwungen, seinen alten Führerschein, und sei das Foto auch noch so überholt, gegen einen neuen einzutauschen. So ein Blödsinn, wie jeder spätestens dann feststellt, wenn er irgendwo in Asien oder in Australien ein Auto mieten will. Denn für den internationalen Führerschein, den der A*vis-Mann in Darwin oder Georgetown, Penang, sehen will, möchte der deutsche Beamte vorher die EU-Scheckkarte haben: Ohne vorherige Beantragung des EU-Führerscheins gibt es kein internationales Papier. Von Zwangsumtausch verstehen manche Leute noch immer was.
So denke ich bislang. Bis ich vor ein paar Tagen mit Freunden in einer Kneipe saß, alle so 40something oder 50something, und wir uns mal wieder einen Spaß daraus machten, die Jugendfotos in unseren grauen Lappen zu vergleichen. So hast Du damals ausgesehen? Wahnsinn, die Brille. Und was man sonst so sagt.
Dann kam die Bedienung. Irgendwo in den 20ern. Ach, sagte die junge Frau interessiert. Was sind das eigentlich für Papiere, die Sie da rumzeigen?
40something - 5. Jul, 16:38
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saoirse - 5. Jul, 16:44
steht da nicht auch noch so ein schönes puristisches wort wie "verbrennungsmaschine" drauf?
40something - 5. Jul, 16:53
Ätsch, ich hab' schon einen, da ist die "Verbrennungsmaschine" ausgexxt und durch "Antrieb aller Art" ersetzt. Wahrscheinlich darf ich auch eine Rakete bis 7,49 to zulässiges Gesamtgewicht steuern, wenn sie nicht mehr als drei Achsen hat.
Deef - 6. Jul, 09:52
Schöner Rückblick. Und der Ausblick? Unsere Kinder werden mal als 40somethings in der Kneipe sitzen und gegenseitig die biometrischen Datensätze aus ihren Führerscheinen, Ausweisen oder Gläserner-Kunde-Karten auslesen: "Dieses Irisfoto, diese Fingerabdrücke, diese DNS - unfassbar wie das damals aussah!" ;)
40something - 6. Jul, 12:09
Die Schöne-neue-Welt-vorstellung,... Ey, Du hast mir ja gar nicht erzählt, dass Dein Alter schwer zuckerkrank war! ist da bei Dir was hängen geblieben?
saoirse - 6. Jul, 12:17
und geraucht hat er! damals war das noch gar nicht verboten... und die schulden erst, die er bei der krankenkasse hatte...
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