Rund um den Geschlechtstrieb

6
Apr
2005

Erinnerungen: The Final Cut

"Es wird nicht lange weh tun", sagte der freundliche ältere Urologe.
Dann nahm er die aufgezogene Spritze und stach zu. Ein wahnsinniger Schmerz.
Da, wo ­ wie ich damals glaubte, inzwischen weiss ich es besser ­ es einem
Mann am meisten weh tut. "Und eine zweite Spritze." Wieder verkrampfte ich
mich.

Während ich wartete, dass es besser wurde, dachte ich darüber nach, wann ich
das Wort zum ersten Mal gehört hatte. Ich war gerade 18, lag wegen eines
kleinen Eingriffs im Krankenhaus und wartete auf meine Operation, als die
Schwester hereinkam. "Sind Sie die Vasektomie?" Ehe ich darüber nachdachte,
was sie wohl meinte, hatte ich schon verneint.

Wahrscheinlich wäre mein Leben anders verlaufen, wenn ich damals ja gesagt
hätte.

Eine Tochter und 13 Jahre später wusste ich, was der medizinische Begriff
bedeutete. Und suchte verzweifelt einem Arzt, dem ich klar machen konnte:
Ich bin noch jung, ja. Und ich könnte noch viele Kinder wollen, ja. Aber ich
bin mit einem sehr zufrieden. Und meine Lebensgefährtin will keine Kinder.
Nein, ja, ich habe mir das reiflich überlegt, ja, ich weiss, dass das
irreversibel ist.

Bitte schneiden Sie.

Es war dann gar nicht so schlimm. Nachdem der Schmerz nachgelassen hatte.
Den Schnitt wollte ich nicht sehen, wollte schon gar nicht wissen, was da
passierte. Ich hatte mich dafür entschieden, aber mit den Details, bitte
schön, wollte ich nicht konfrontiert werden. Reichte das nicht?

Es reichte. Zwar sah ich ein paar Tage aus, als hätte ich den
einschneidenden Moment nicht in einer mitteleuropäischen Praxis, sondern in
einer Folterkammer der Dritten Welt verbracht. Aber breitbeinig gehen lernt
man ja schnell.

Anschließend war ich so etwas wie ein weißer Rabe. Mit gewisser Verwunderung
registrierten die Frauen in unserem Freundeskreis, zu denen unser Verhältnis
eng genug war, dass wir ihnen davon erzählten, wozu ein Mann einfach bereit
sein kann. Wenn er denn will. Mein Freund, mein Mann, so hätten etliche am
liebsten eingestanden, will das nicht. Und ich nehme die Pille. Obwohl ich
das eigentlich auch gar nicht will. Neid.

Der Gedanke wurde für mich schnell selbstverständlich, den mein Urologe mit
gespieltem Bedauern nach dem ersten Test formulierte: "Leider muss ich Ihnen
mitteilen, dass Sie nicht mehr zeugungsfähig sind." Verblüffend war nur,
dass ich nie einen Mann kennenlernte, der diesen Sch(n)ritt auch gemacht
hatte. Sicher, manche haben es mir nicht erzählt, auch wenn das Thema zur
Sprache kam. Doch ich bin sicher, dass einige insgeheim überzeugt waren,
dass ein solcher Einschnitt in ihre Männlichkeit nicht infrage kam.

Das führte auch zu peinlichen Situationen. Einmal fragte mich ein Bekannter,
ob ich einen guten Urologen wisse. Es gehe um, na ja, Du weißt schon, und
Kinder und überhaupt. Na klar, beruhigte ich ihn. Es tut nur kurz weh, bei
der Spritze. Alles andere ist kein Problem.

Fettnapf. Er suchte das Gegenteil ­ einen Arzt, der dem bislang kinderlosen
Paar zu Nachwuchs verhelfen könne. Treffer. Mit hochrotem Kopf versicherte
ich ihm, Entschuldigung, ein Missverständnis. Nein, tut mir leid, weiß ich
auch nicht.

Das blieb zum Glück ein Einzelfall ­ aber schien mir symptomatisch für das
gewandelte gesellschaftliche Bewusstsein. Während in den 80-er und frühen
90-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein Mann, der Verantwortung für
die Verhütung übernahm, der ­ wenn auch stillschweigenden ­ Sympathie sicher
sein konnte, galt bald das Gegenteil. Seid fruchtbar und mehret euch, und
wer das nicht will, versündigt sich. An den nachfolgenden
(Nicht)Generationen oder an der Rentenkasse oder am Generationenvertrag.
Oder so.

Zum Glück ist es irreversibel.
Und meine Männlichkeit, übrigens, hat es nicht beeinträchtigt.

5
Apr
2005

Im Bürohaus gegenüber

läuft derweil eine schön langsame, heiße Büronummer ab...

(Ärgerlich, dass die Fenster dringend geputzt werden müssten und es auch noch gerade regnet...)

Was dem ganzen einen zusätzlichen Kick gibt, ist der Blick auf die Nachbarbüros, wo ordentlich gearbeitet wird.

The Zipless Fuck (Nicht nur für Kyra)

Nachdem Kyra neulich ihre Probleme mit männlichem Hosenknopf&Reissverschluss schilderte, fiel mir die anhängende Passage ein. Muss so knapp 25 Jahre her sein, dass ich sie gelesen habe, und das Buch hat ca. 15 Umzüge überstanden... Aber lest selbst.

"... The Zipless Fuck was more than a fuck. It was a platonic ideal. Zipless because when you came together zippers fell away like rose petals, underwear blew off in one breath like dandelion fluff. Tongues intertwined and turned liquid. Your whole soul flowed out through your tongue and into the mouth of your lover.

For the true, ultimate zipless A-1 fuck, it was necessary that you never get to know the man very well. I had noticed, for example, how all my infatuations dissolved as soon as I really became friends with a man, became sympathetic to his problems, listened to him kvetch about his wife, or ex-wives, his mother, his children. After that I would like him, perhaps even love him – but without passion. And it was passion that I wanted. I had also learned that a sure way to exorcise an infatuation was to write about someone, to observe his tics and twitches, to anatomize his personality in type. After that he was an insect on a pin, a newspaper clipping laminated in plastic. I might enjoy his company, even admire him at moments, but he no longer had the power to make me wake up trembling in the middle of the night. I no longer dreamed about him. He had a face.

So another condition for the zipless fuck was brevity. And anonymity made it even better.

(...)

Zipless, you see, not because European men have button-flies rather than zipper-flies, and not because the participants are so devastatingly attractive, but because the incident has all the swift compression of a dream and is seemingly free of all remorse and guilt, (...) because there is no rationalizing, because there is no talk at all. The zipless fuck is absolutely pure. It’s free of ulterior motives. There is no power game. The man is not "taking" and the woman is not "giving". (...) The zipless fuck is the purest thing there is. And it is rarer than the unicorn."

(Aus: Erica Jong, "Fear of Flying", New York 1973. Zit. Nach Paperback-Ausgabe November 1974)

31
Mrz
2005

Swingen. Mental.

Kam mir doch vorhin der Gedanke:

Sind alle diese Blogs nicht - auch - ein großer mentaler Swingerclub?

(HIRN EINSCHALTEN: Mental. Nicht virtuell. Ich kenne den Unterschied...)

17
Mrz
2005

Lust.verrechnet.

Der Deutschlandfunk erzählt mir beim Aufwachen etwas von "Lustverrechnung".
Sehr schnell ist mir leider klar, dass die finanzpolitische Sprecherin der Grünen VERlustverrechnung meinte.
Schade.
Könnte ein bisschen Lustvortrag gut gebrauchen.

7
Mrz
2005

Dein Leuchtturm steht jetzt anderswo

Die Zeitung mit den sehr großen Buchstaben, die berufsbedingt jeden Morgen
auf meinem Schreibtisch landet, ist hier kein Thema für mich (weil, da
gibt es berufenere Blogs).

Eigentlich.

Denn wenn es mich anschreit, auf der Titelseite, über dem Bruch

UDO JÜRGENS
Ab 40 ist bei Frauen Schluß mit Sex!

schreit das natürlich nach einer näheren Betrachtung durch einen
40something.

Also gehen wir mal mit der Hypothese 1 ran

Das hat Udo gar nicht so gesagt.

Hm, ein Blick auf S. 12. Da wird er zitiert: "Frauen können eigentlich nur
bis Ende 30 Kinder bekommen. Danach ebbt auch ihr Interesse an Sexualität
merklich ab. Das ist wissenschaftlich nun mal erwiesen."

Also doch? Bleibt Hypothese 2

Das ist Quatsch.

Und da greife ich mal tief in die empirische... nein, nicht Mottenkiste,
sondern ins Schatzkästlein der Erinnerungen...

Ich war zarte 22, als ich gleich drei Grundsätze in einer Nacht brach (das
habe ich seitdem nicht wieder hinbekommen!)
- ich bleibe meiner Freundin treu
- Keine über 30
- never in the company

Ziemlich genau 20 Jahre älter war die damalige Sekretärin meines damaligen
Chefs. Wie es dazu kam, ist ja egal, aber für einige Monate verfielen wir
uns mit Haut und Haar. Und auch mehr als 20 Jahre später erinnere ich mich
gerne an die teilweise aufregendsten, schönsten, lustvollsten, geilsten
Momente. (Bisweilen setzten nur die äußeren Bedingungen unserer Lust
Schranken - gibt es entlang der Autobahn Lübeck-Hamburg inzwischen
eigentlich Parkplätze? Damals nicht...<g>)

Also, schon mal ein Beleg gegen U.J.

Ich kann aber auch in die jüngere Vergangenheit blicken... und auf eine
Liebhaberin, die wie ich die 40 bereits überschritten hat. Eine abebbende
Sexualität vermag ich nicht festzustellen.

Reichen zwei Belege?

Erstmal schon, denke ich. Natürlich gibt's auch Gegenbeispiele, und die
sind hart - aber dazu hier erstmal nichts.

Nur: den Pauschalvorwurf hätte ich hiermit widerlegt, juchhu!

Der Sänger hätte vielleicht lieber seine Höflichkeit schweigen lassen
sollen (oder wie das heisst)?

Allerdings fällt mir dabei noch einer seiner Songs ein, die mir immer ein
bisschen wie Radio-Porno vorkamen:

"Dein Leuchtturm steht jetzt anderswo und nicht mehr hier bei mir", heißt
der Refrain.
Aha. Na, so lange noch was steht...

6
Mrz
2005

Lob des Einwegrasierers

Schön, was es da inzwischen so gibt. Ein augenfreundliches Grün. Extra
sensitiv, extra Aloe, extra Vitamine, und nicht zuletzt extra Grip.
Spontaner Eindruck: für Männerwangen viel zu chic...

Der Griff zur 5-er-Tüte mit dem Einwegrasierer ist eine Verheißung, die sich
ganz langsam erfüllt. Badewasser einlassen, schön warm, vielleicht sogar
eine Spur zu heiß. Stück für Stück den Körper hineinlassen (aua, das tut
weh), bis sich die Haut an die Temperatur gewöhnt hat. Einweichen lassen...

Wo setze ich die Doppelklinge an, wo berührt der scharfe Stahl zuerst die
Haut? Ganz vorsichtig die Schamlippen gespreizt, den Eingang zur Lust
offengelegt. Doch der erste Schnitt soll nicht hier sein. Unverfänglicheres,
scheinbar weniger Gefahrvolles... Also so harmlos: die Bikinizone. Was hier
wuchert, will beschnitten sein. Da muss sich das Einweggerät erst einmal
beweisen, den Urwald lichten, seit dem Sommer längst wieder erbleichte Haut
freilegen. Lockiges Schamhaar vermischt sich mit dem Badewasser, dümpelt in
kleinen lustigen Büschen auf der Oberfläche. Halt, nicht zu viel! Ein
schmaler Streifen soll stehen bleiben, mit seiner Verhüllung betonen, was
sonst alles nicht mehr unter dichtem Haarwuchs verborgen ist..

Jetzt wird¹s kitzlig. Da oben wäre ein Schnitt ein Schnitt, mehr nicht. Doch
jetzt, an der empfindlichen Pforte, darf die Hand nicht zittern. Hier steht
das Haar nicht büschelweise, einzelne Härchen wollen aufgespürt, gefunden
und geschnitten werden. Und bloß keine Stoppeln stehen lassen. Die sehen an
Männerwangen vielleicht gut aus, Dreitagebärte, für die Optik mehr als fürs
Küssen. Doch hier unten muss alles glatt sein, glatt und feucht. Kein
millimeterkurzer Haarrest, an dem sich die Zunge verfangen könnte, der die
glitsche Berührung beeinträchtigen könnte...

Also ganz, ganz vorsichtig die Klinge geführt. Und gefühlt, gefühlt,
gefühlt... Und wieder ein widerspenstiges Haar gefunden. Nochmal die Klinge.
Und ein Wechselspiel von Nachfühlen und Klinge führen, Nachfühlen und Klinge
führen. Bis das Gefühl befriedigt. Glatt, ja so glatt. Kein Hindernis für
feuchte Berührung... Gar keins...

Was einem an einem lazy sunday afternoon so einfällt.
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Ein Vierzigirgendwas beschreibt alles Mögliche und scheut auch vor sexuellen Andeutungen nicht zurück. Für das, was nicht öffentlich zu diskutieren ist, ist er dialog- und flirtbereit unter 40something aett ge em ix dott net
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