El Condor ha pasado
Bis zu meinem Büro empor klingen die Weisen der Straßenmusikanten.
Wie romantisch das klingt. Nach Lockerheit und Leben.
Allein: seitdem ich in Berlin wohne, ist mir klar, dass Straßenmusik und Straßenmusik so unterschiedliche Dinge sind.
Früher - und anderenorts auch noch heute - treten gerne die üblichen Andenemigranten auf. Drei bis vier teppichponchobehängte, behütete junge Männer unverkennbar indianischer Abstammung, die auf Panflöten so ziemlich jedes Stück spielen können, so lange es El Condor pasa ist. Gerne spielen sie ein kleines Medley von El Condor pasa, gefolgt von einem Potpourrie (Potporree? Pottpurry?) aus El Condor pasa. Dieses Stück lernte mal lieben, so man nicht wahnsinnig wurde, was leider allerdings in der Regel der Fall war.
Aufheiternd für damals junge Männer wie mich war allenfalls der Umstand, dass die drei bis vier teppichponchobehängten, behüteten jungen Männer unverkennbar indianischer Abstammung meist von einer karitativen blonden 23-jährigen begleitet wurden, die dann den Schellenring (oder wie heisst dieses Instrument) hielt und ab und zu bewegte und sonst natürlich auf dem Ausländeramt dolmetschte.
Heutzutage gibt's dieses beschauliche Ensemble in Berlin nur noch bei besonderen Anlässen am Wochenende auf dem Markt in Spandau. Jedenfalls nicht in zentraleren Stadtbezirken.
Das kann nur an der Mobilität liegen, die den teppichbehängten jungen Männern im Unterschied zum besungenen Vogel in keiner Weise eigen zu sein scheint. An ihrer Stelle haben nämlich ebenso junge Männer meist südosteuropäischer Abstammung die mobile musikalische Versorgung der Passanten und vor allem der S-Bahn-Fahrer in der Hauptstadt übernommen. Gerne in der Kombination Akkordeon und Hut (der Hut zum Einsammeln der Spenden), bisweilen auch Tenorsaxophon. Während Panflöten wohl ab Werk mit der Einstellung für El Condor pasa geliefert werden, ist es bei Saxophonen My Way. Allerdings so gespielt, dass die Assoziationskette über Frank Sinatra direkt zur New Yorker U-Bahn läuft, die noch ungemütlicher ist als die Berliner.
Ein Verlust, zweifellos. Denn die jungen Andenemigranten beherrschten nicht nur die Panflöte so virtuos, dass sie ohne Zögern El Condor pasa ohne Luftholen in drei verschiedenen südamerikanischen Sprachen zum Besten geben können - sie haben auch sichtlich Spaß an der Sache. Den haben ihre Nachfolger auch; allerdings scheint sich deren Spaß auf die Münzen im Hut zu beschränken. Dafür verwursten sie alles, was auch nur ansatzweise als Evergreen angesehen werden könnte, zu bahnstationkompatiblen Häppchen.
Ich gebe zu: Ich habe irgendwann El Condor pasa gehasst. Wenn ich heute alle möglichen Gassenhauer lieblos um die Ohren gehauen kriege, bekomme ich aber wohl doch noch Sehnsucht nach Panflöten...
Wie romantisch das klingt. Nach Lockerheit und Leben.
Allein: seitdem ich in Berlin wohne, ist mir klar, dass Straßenmusik und Straßenmusik so unterschiedliche Dinge sind.
Früher - und anderenorts auch noch heute - treten gerne die üblichen Andenemigranten auf. Drei bis vier teppichponchobehängte, behütete junge Männer unverkennbar indianischer Abstammung, die auf Panflöten so ziemlich jedes Stück spielen können, so lange es El Condor pasa ist. Gerne spielen sie ein kleines Medley von El Condor pasa, gefolgt von einem Potpourrie (Potporree? Pottpurry?) aus El Condor pasa. Dieses Stück lernte mal lieben, so man nicht wahnsinnig wurde, was leider allerdings in der Regel der Fall war.
Aufheiternd für damals junge Männer wie mich war allenfalls der Umstand, dass die drei bis vier teppichponchobehängten, behüteten jungen Männer unverkennbar indianischer Abstammung meist von einer karitativen blonden 23-jährigen begleitet wurden, die dann den Schellenring (oder wie heisst dieses Instrument) hielt und ab und zu bewegte und sonst natürlich auf dem Ausländeramt dolmetschte.
Heutzutage gibt's dieses beschauliche Ensemble in Berlin nur noch bei besonderen Anlässen am Wochenende auf dem Markt in Spandau. Jedenfalls nicht in zentraleren Stadtbezirken.
Das kann nur an der Mobilität liegen, die den teppichbehängten jungen Männern im Unterschied zum besungenen Vogel in keiner Weise eigen zu sein scheint. An ihrer Stelle haben nämlich ebenso junge Männer meist südosteuropäischer Abstammung die mobile musikalische Versorgung der Passanten und vor allem der S-Bahn-Fahrer in der Hauptstadt übernommen. Gerne in der Kombination Akkordeon und Hut (der Hut zum Einsammeln der Spenden), bisweilen auch Tenorsaxophon. Während Panflöten wohl ab Werk mit der Einstellung für El Condor pasa geliefert werden, ist es bei Saxophonen My Way. Allerdings so gespielt, dass die Assoziationskette über Frank Sinatra direkt zur New Yorker U-Bahn läuft, die noch ungemütlicher ist als die Berliner.
Ein Verlust, zweifellos. Denn die jungen Andenemigranten beherrschten nicht nur die Panflöte so virtuos, dass sie ohne Zögern El Condor pasa ohne Luftholen in drei verschiedenen südamerikanischen Sprachen zum Besten geben können - sie haben auch sichtlich Spaß an der Sache. Den haben ihre Nachfolger auch; allerdings scheint sich deren Spaß auf die Münzen im Hut zu beschränken. Dafür verwursten sie alles, was auch nur ansatzweise als Evergreen angesehen werden könnte, zu bahnstationkompatiblen Häppchen.
Ich gebe zu: Ich habe irgendwann El Condor pasa gehasst. Wenn ich heute alle möglichen Gassenhauer lieblos um die Ohren gehauen kriege, bekomme ich aber wohl doch noch Sehnsucht nach Panflöten...
40something - 26. Mai, 16:34
5 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks - 1411 mal gelesen
Katinka_XYZ - 26. Mai, 18:11
Die teppich-poncho-behängten Anden-Musikanten...
... mit Tamburin und Potpourri kenn ich noch zu gut. Auf der Stuttgarter Königstraße wurden sie allerdings von einem vollständigen südländischen Anden-Orchester in Fußball-Mannschaft-Stärke nicht definierbarer Herkunft abgelöst. „El condor pasa” kommt aus dem Verstärker - dazu wird kräftig getrommelt... zum Weglaufen...
Jaja... früher war das noch sooooooooooooo schön...
:-)
Jaja... früher war das noch sooooooooooooo schön...
:-)
wuestenfloh - 28. Mai, 14:20
In Kiel treibt die Andenkapelle seit Jahren ihr Unwesen. Die elektronische Ausstattung ist inzwischen hochprofessionell. Gestern habe ich die Jungs mal wieder in Aktion gesehen. Verblüfft war ich, dass jetzt ein oder zwei der Musikanten wie Winnetou kostümiert sind. Ob das Einfuss auf den musikalischen Stil hatte, konnte ich nicht verifizieren. Ich flüchtete, um nicht wahnsinnig zu werden :-))
pathologe - 30. Mai, 14:33
Zum elektronischen Playback kommt bei den Anderenmusikanten noch der ganze Merchandisingrattenschwanz. Mit Original-Gehirnwäschemusik-CD für diejenigen, die nicht genug kriegen können. Ob sie jedoch auch schon Teppichponchos im Sortiment haben, ist mir leider nicht bekannt.
(Kommt der Name eigentlich von "An den Musikanten sollt ihr sie erkennen..."?)
(Kommt der Name eigentlich von "An den Musikanten sollt ihr sie erkennen..."?)
40something - 30. Mai, 15:04
Nee, der Name kommt von die haben was Anden Flöten.
pathologe - 30. Mai, 15:06
Muss wohl so sein, wenn man den ganzen Tag in der Öffentlichkeit am Blasen ist.
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